Dietmar Arends steht am Pult und spricht, neben ihm sitzen drei Mitglieder des Synodalvorstandes.
Umgang mit sexualisierter Gewalt in der Lippischen Landeskirche – Bericht von Landessuperintendent Dietmar Arends.

Den Betroffenen Gehör verschaffen

Landessuperintendent Dietmar Arends gab Überblick über den Stand der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Lippischen Landeskirche

Kreis Lippe/Detmold. „In den zwölf Jahren meines Dienstes in dieser Landeskirche war die Einsicht über das Ausmaß sexualisierter Gewalt in der Vergangenheit unserer Kirche mit Abstand die tiefste Erschütterung, die ich erlebt habe, und ich habe es als meine Verantwortung angesehen, mich dafür einzusetzen, dass wir uns als Kirche dem Geschehen stellen und den Betroffenen Gehör verschaffen.“

Landesuperintendent Dietmar Arends hat zum letzten Mal in seiner Amtszeit den Bericht über den Stand der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt der Lippischen Landessynode vorgelegt: „Seit einiger Zeit berichten wir regelmäßig auf jeder Synode über Intervention, Aufarbeitung und Prävention im Themenbereich Sexualisierte Gewalt in der Evangelischen Kirche und im Besonderen in unserer Lippischen Landeskirche. Ich halte es für unbedingt angemessen und notwendig, dass dies auf jeder Synode geschieht. Es sollte selbstverständlich sein, dass das höchste Leitungsgremium unserer Kirche gerade an dieser Stelle Verantwortung übernimmt und darüber informiert ist, wo wir jeweils grade stehen.“

Ein Ort, der Menschen Sicherheit, Halt, Orientierung, Lebenszuversicht geben sollte, sei für die Betroffenen zu einem Ort geworden, an dem sie Gewalt und Übergriffen ausgesetzt waren: „Da wurden Biografien zerstört und Menschen ein Grundvertrauen genommen. Viele Betroffene kämpfen ihr Leben lang mit den Folgen der Gewalt, die sie erfahren haben. Auch in unserer Kirche gab es Verantwortungsträger, die Betroffene nicht gehört haben, die weggeschaut oder sogar Täter geschützt haben. Das ist natürlich kein Pauschalurteil über Verantwortungsträger. Es waren einzelne, aber es gab sie.

Dass es trotz alldem Betroffene gibt, die mit uns im Gespräch sind, die mitarbeiten an der Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt in unserer Kirche, dafür gilt ihnen unser ganzer Respekt und ich bin ihnen zutiefst dankbar dafür, dankbar auch für alle Begegnungen und Gespräche.“


Seit der letzten Synode wurden fünf weitere Fallkonstellationen gemeldet. Vier von ihnen aus den 80er und 90er Jahren. Eine Meldung bezieht sich auf einen Vorfall, der nur wenige Jahre zurückliegt. Allen Meldungen von begründeten Verdachtsfällen geht das Interventionsteam nach und wird dabei von der FUVSS (Fachstelle für den Umgang mit Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung) beraten. Dietmar Arends: „Das Wohl Betroffener soll in allen Interventions- und Aufarbeitungsprozessen die oberste Priorität haben.“


Zu den guten Nachrichten aus dem Themenfeld Sexualisierte Gewalt gehöre, dass die Präventionsarbeit weiter gute Fortschritte mache. Dietmar Arends: „Das System der Schulungen wurde weiter ausgebaut und differenziert. So werden inzwischen Basisschulungen angeboten, die sich speziell an ehrenamtlich mitarbeitende Jugendliche und junge Erwachsene bis 21 Jahren richten. Sie vermitteln die Inhalte in altersgerechter Form. Für Mitarbeitende in der Kinder- und Jugendarbeit gibt es ab dem nächsten Jahr einen zweiten Aufbaukurs, der sich mit den Fragen von Prävention und Intervention im Blick auf die Zielgruppe Kinder und Jugendliche beschäftigen wird. Ab Januar 2026 wird unsere Fachberatung für Kindertagesstätten in Person von Frau Babendererde zusammen mit Herrn Mauritz Präventionsschulungen eigens für pädagogische Fachkräfte anbieten. Die besonderen Herausforderungen im Bereich des Kinderschutzes in diesem Arbeitsbereich sollen dadurch noch besser berücksichtigt werden. Inzwischen haben immerhin 55 von 65 Gemeinden ihre Schutzkonzepte eingereicht. Mit den zehn restlichen Gemeinden sind wir im Gespräch.“

Auf der Landessynode waren auch Betroffenenvertreter sowie Vertreter der Unabhängigen Regionalen Aufarbeitungskommissionen West (URAK) zu Gast. Der Leitende Oberstaatsanwalt i.R. Horst Bien, Vorsitzender der URAK, gab einen Überblick über die Arbeit der Kommission für die drei Landeskirchen Rheinland, Westfalen, Lippe und des gemeinsamen diakonischen Werkes. Dabei betonte er insbesondere die Notwendigkeit der Unabhängigkeit dieser Kommission und die Bedeutung der Zusammenarbeit mit Betroffenen.

 

Weitere Infos zur Lippischen Landeskirche:

Rund 128.000 Gemeindeglieder
65 reformierte und lutherische Gemeinden (54 ref., 10 luth., 1 ev.*)
4 reformierte und 1 lutherische Klasse
57 Synodale

*  Lockhausen-Ahmsen ist eine evangelische Kirchengemeinde mit Mitgliedschaft in der reformierten Klasse West und in der Lutherischen Klasse.

25.11.2025